ERZIEHUNGS-GUIDE – ELTERNRATGEBER
Ratgeber-Broschüre will Tipps aus dem und für den Erziehungsalltag geben
Wien, 06. 11. 2006 [Presseaussendung]
„Zeit, Liebe und Konsequenz sind die Säulen, auf denen erfolgreiche Erziehung beruht:“ Auf diese Grundlage baut der Erziehungs-Guide, den KFVW-Gschäftsführer Andreas Cancura verfasst hat. „Wer genug liebt, genug Zeit für die Seinen erübrigt und sich selbst wie anderen gegenüber konsequent bleibt, wird die gröbsten Fehler vermeiden, die zur Zeit Erziehung so schwer machen.“
In der neuen Publikation des Katholischen Familienverbandes finden sich die Erfahrungen eines fünffachen Familienvaters und eines Lehrers. Wesentliche Impulse kamen von Gattin Rita Cancura. Wie bereits beim erfolgreichen „Ehe-Guide“ ist auch in dieses Werk viel Fachliteratur eingeflossen, wovon das umfangreiche Literaturverzeichnis Zeugnis gibt. Für den medizinischen Teil über Erziehungsschwierigkeiten aufgrund psychischer Krankheiten konnte Univ. Prof. Dr. Andreas Karwautz, Kinder- und Jugendpsychiater am AKH, der auf das Problem von Essstörungen spezialisiert und selbst Familienvater ist, gewonnen werden. Die Cartoons stammen von Christian Romanek, Karikaturist, Liedermacher, Fachinspektor für katholischen Religionsunterricht und ebenfalls Vater.
Ziel des Erziehungs-Guide ist die Hilfestellung bei wichtigen Erziehungsfragen sowie bei Problemen in der Erziehung. Freilich will die Broschüre nicht als Rezeptbuch gebraucht werden, sondern zur eigenen Reflexion anregen. Der Erziehungs-Guide enthält keine unumstößlichen, allein selig machenden Ratschläge. Vielmehr ist hoffentlich – wie bei einem guten Büffet - für jede und jeden etwas dabei!
Der Autor des Erziehungs-Guide, KFVW-Geschäftsführer Andreas Cancura, ist überzeugt, dass Werte wie Liebe und Treue am besten in Ehe und Familie gelernt und gelehrt werden können.
Nachfolgend kurz zusammengefasst einige wichtige Aussagen aus dem „Erziehungs-Guide“:
- Liebe ist die Grundlage von allem. Auch wenn in der Erziehung Provokationen ausgehalten werden müssen, ist es entscheidend, Kindern das Gefühl zu vermitteln, dass man sie trotz allem gerne hat. Die bewusste Zuwendung, das freudige Teilen von Zeit und Einkommen sind nicht selbstverständlich, sondern eine ständige Aufgabe. Derjenige hat aber gut investiert, der in die Zukunft seiner Kinder investiert.
- Zeit, die der Partnerin bzw. dem Partner und den Kindern geschenkt wird, ist ungeheuer wertvoll. Wie für eine Partnerschaft die regelmäßige Beziehungspflege unerlässlich ist, so brauchen die gesamte Familie und jedes einzelne Kind ausschließlich reservierte Zeiten für gemeinsame Unternehmungen und Gespräche. Jede Beziehung will gepflegt werden und braucht dafür auch Zeiten des Erinnerns und Feierns.
- Konsequenz kostet Kraft. Diese muss man aufbringen und sich zuerst einmal selber holen. Auseinandersetzungen sind notwendig, letztlich kann sie sich niemand ersparen. Kinder brauchen Grenzen. Die Auseinandersetzung darüber und der gezielte Widerstand sind oftmals mehr Zeichen von Liebe als gleichgültiges Nachgeben, damit man seine Ruhe hat.
- Konsequenz ist nicht Strafe. Strafen bedeutet das willkürliche Auskosten der Überlegenheit der Erziehungsberechtigten oder die Legitimation eigener Aggression. Konsequenzen stehen hingegen in einem grundsätzlichem Zusammenhang mit dem Tun des Kindes. Sie stellen natürliche Folgen dar, die beim Kind Einsicht wecken sollen. Konsequenzen müssen dem Kind vor der Grenzüberschreitung klar sein. Konsequenzen argumentieren mit „Wenn-dann“-Formulierungen, bauen auf gegenseitigem Respekt auf und suchen Lösung durch Einsicht.
- Erziehung ist oft ein Spiel um Macht und darum, wie weit jede und jeder im Beziehungsvieleck einer Familie gehen kann. Die erfahrene Erzieherin und der erfahrene Erzieher wissen darum und lassen sich nicht dazu verleiten, zwei Fehler zu begehen: dieses Spiel nicht spielen (und immer nachgeben) oder es mit aller Macht gewinnen (und immer dominieren) zu wollen. Eltern, die immer nachgeben, werden als schwach bzw. unsicher erlebt und oft genug verachtet. Eltern, die ständig dominieren, werden als autoritär erlebt und oft innerlich abgelehnt. Insofern sind die Tugenden des Maßes und der Klugheit in der Erziehung besonders gefragt.
- Bei allen Sanktionen sollte stets überlegt werden, nur Maßnahmen zu setzen und Konsequenzen anzudrohen, die man als Erziehungsberechtigter selbst durchhalten kann und mit denen man sich nicht auch selbst bestraft.
- Aggressives kindliches Verhalten darf nicht zum Erfolg führen, das heißt: Ein schreiendes und tobendes Kind darf sein Ziel nicht erreichen, das es möglicherweise damit verfolgt. Ebenso darf ein aggressiver Jugendlicher eine Anforderung, eine sinnvolle Regel und Grenzsetzung nicht umgehen. In solchen Fällen sollten Eltern ruhig reagieren und angemessene Konsequenzen ziehen. Beschädigt ein Kind beispielsweise etwas oder verletzt es andere, so kann eine Wiedergutmachung eine sinnvolle Konsequenz sein.
- Angst und Unsicherheit sind schlechte Ratgeber in der Erziehung. Weil man zwar einige Zeit an einer Weggabelung stehen bleiben kann, aber so nicht weiter kommt, muss auch in der Erziehung entschieden werden. Unter Umständen ist es besser, einen falschen Weg mit Entschiedenheit zu gehen (und ihn später zu korrigieren) als zu schwanken und in größter Unsicherheit einmal dies, einmal jenes zu sagen oder zu verlangen. Nur ruhige Sicherheit und Entschlossenheit bringen Erfolg. Ohne sie geht es nicht! Jedenfalls sollten Kinder in allen wichtigen Bereichen ihres Lebens altersgerecht soviel wie möglich selbst entscheiden bzw. mitentscheiden können.
- Liebe und Glück bedeuten nicht Konfliktfreiheit. Eine gute Konfliktkultur muss entwickelt werden, oder, um einen Slogan zu bemühen: „Streiten ist wichtig. Aber richtig!“ Konflikte können klärend und befreiend wirken; sie lassen beide Partner wissender und gestärkt daraus hervorgehen. Es geht nicht darum, keine Konflikte zu haben (das wäre eine Illusion), sondern mit ihnen konstruktiv umzugehen.
- Erziehende müssen an sich selbst arbeiten. Das bedeutet, dass das Elternrecht der Erziehung nur im Gegenzug der Pflicht gegenüber den Kindern ausgeübt werden darf und dass Erziehende Vorbilder zu sein haben. Auch das negative Vorbild beeinflusst – allerdings negativ.
- Äußerst wertvoll ist auch die Zeit, die man mit den Kindern und anderen Familienmitgliedern bei gemeinsamer Arbeit verbringt. Kinder, die gewohnt sind, sich selbstverständlich an der unerlässlichen vielfältigen Arbeit zu Hause zu beteiligen, finden sich später leichter in der Arbeitswelt zurecht.
- Erziehen bedeutet auch Reibebaum und Ansprechpartner sein. Der Versuch, die beste Freundin oder der beste Freund des Kindes zu sein, kann nur eine begrenzte Zeit funktionieren und ist schon in sich zum Scheitern verurteilt. Die Rolle des Freundes bzw. der Freundin ist eben eine andere als die des Vaters, der Mutter, des Lehrers, der Lehrerin. Daher müssen es Eltern, Erzieherinnen und Erzieher aushalten, nicht auf der gleichen Ebene geliebt zu werden und trotzdem ständig neu die Nähe der Kinder suchen. Kinder sind weder Partnerersatz noch gleichberechtigte Partner. Gleichzeitig ist es wichtig, zu den Kindern ein freundschaftliches Verhältnis aufzubauen und aufrecht zu erhalten.
- Nicht das Schimpfen oder die Korrektur sollen an erster Stelle in der Erziehung stehen, sondern die positive Motivation und die persönliche Ermutigung. Gerade weil das Lob als Verstärker in der Erziehung so wichtig ist, sollte es weder geheuchelt noch taktisch eingesetzt werden; sonst wird das Entstehen eines unangemessenen Selbstbildes beim Kind die Folge sein.
- Unverdientes Lob kann auch frustrieren, träge, lustlos bzw. überheblich machen; leicht wird das Kind dadurch zum Minimalisten. Daher sollte Lob gezielt ausgesprochen, persönlich gehalten und nicht zu dick aufgetragen werden. Die beste Alternative zum Schimpfen in der Familie ist daher nicht das Lob, sondern das authentische Feedback.
- Gesundheitserziehung beginnt mit der richtigen Einstellung zum Essen. Grundsätzlich weiß man es ja: nicht zu viel und nicht zu wenig, ausgewogen, ballaststoffreich. In jedem Alter sollte man richtig essen.
- Spiele, Bewegung und Sport haben einen wesentlichen, oft unterschätzten Einfluss auf die Erhaltung und Förderung der Gesundheit. Weil Bewegung und Sport das allgemeine Wohlbefinden verbessern und negative Stimmungszustände überwinden helfen, ist es wichtig, schon früh dem kindlichen Drang nach Bewegung zu entsprechen. Durch Bewegung können zudem Aggressionen abgebaut und hyperaktive Kinder an ein gutes Alltagsleben herangeführt werden. Kinder brauchen oft ganz einfache Bewegungsspiele und freuen sich an bewegenden Bändern, Bällen, Reifen usw. Gerade wenn man die Kreativität wecken will, kommt es nicht auf teures Spielzeug, sondern auf den sinnvollen Einsatz einfacher Mittel an, um den Bewegungshunger zu stillen bzw. um neue Spielideen zu entfalten.
- Ganz wesentlich sind ein liebevoller Umgang, Achtung voreinander und gegenseitiger Respekt.
- Religiöse Erziehung und Werteerziehung sind unerlässlich: Man kann und darf Kinder nicht im „luftleeren Raum“ ohne Werte und Bezugssystem aufwachsen lassen, weil sie sich sonst im Leben viel schwerer tun oder sogar scheitern.
- Gemeinsamer Glaube und gemeinsames Gebet helfen, über so manche Schwierigkeit hinwegzukommen. Christliche Elternschaft sollte sich zudem bewusst machen, dass christliche Erziehung immer eine Begleitung hin zu einer wachsenden Eigenverantwortung vor Gott bedeutet.
- Sich helfen lassen: Nicht alle Probleme lassen sich von den Eltern selbst lösen, deshalb ist es notwendig, bei Schwierigkeiten im engen Kontakt mit Fachleuten, Ärztinnen und Ärzten, Lehrerinnen und Lehrern zu kooperieren. Im Erziehungs-Guide gibt Kinder- und Jugendpsychiater Dr. Andreas Karwautz einen Überblick über die häufigsten Störungen und Krankheitsbilder bei Kindern und Jugendlichen, die zu Schwierigkeiten in der Erziehung führen.
Anerkennung der Erziehungsarbeit
Erziehung ist wichtige und wertvolle Arbeit und soll die ihr zustehende Anerkennung und Aufwertung erfahren. Die Erziehungs-, Betreuungs- und Pflegearbeit ist so unersetzlich und wertvoll, dass die Gesellschaft sie nicht weiterhin gegenüber der außerhäuslichen Erwerbsarbeit diskriminieren darf. Deshalb muss die Familienarbeit der außerhäuslichen Arbeit gleichgestellt werden! Konkret müssten Erziehung, Pflege und Unterhaltsleistung in der eigenen Familie finanziell und sozialrechtlich honoriert und als vollwertige Arbeit anerkannt werden.
Wichtige erste Schritte – wie etwa das Kinderbetreuungsgeld für alle Eltern – wurden gesetzt. So ist mit dem neuen Kinderbetreuungsgeld durch die pensionsbegründende Anrechnung der Kindererziehungszeiten endlich eine erste Wende eingetreten. Gut ist auch, dass neuerdings Teilzeit die Bemessungsgrundlage erhöht und pro Kind 4 Jahre für die Pensionsversicherung (im Ausmaß von 1350 Euro monatlich) angerechnet werden.
Viele weitere Schritte stehen an oder sind überfällig. Dazu gehören unter anderem die Wertsicherung (Valorisierung) aller Familienleistungen, die Einführung eines Erziehungsgeldes, die Schaffung eines wahlweisen Ehepartnersplittings und die verbesserte Anrechnung von Erziehungsleistungen für die Pension – für Mütter und Väter. Die seit längerem erhobene Forderung des Familienverbandes nach Anrechnung von sechs Jahren ASVG-Höchstbeitragsgrundlage pro Kind sollte von der kommenden Regierung umgesetzt werden.
Ziele künftiger Familienpolitik müssen sein: die unersetzliche Beziehungs-, Betreuungs-, Pflege- und Erziehungsarbeit in der Familie viel besser sozialrechtlich abzusichern und damit aufzuwerten, die Erziehungszeiten großzügig für die Pension anzurechnen, Teilzeitarbeit attraktiv zu machen, Familien ein Existenzminimum zu garantieren und sie steuerlich deutlich zu entlasten.
Gesprächspartner: Rita und Mag. Andreas Cancura, Geschäftsführer des Katholischen Familienverbandes der Erzdiözese Wien und Autor des Erziehungs-Guide - Elternratgebers
Erziehungs-Guide Elternratgeber.
Bestellmöglichkeit: Katholischer Familienverband der Erzdiözese Wien: 1010 Wien, Stephansplatz 6/V/30,
Tel.: (01)515 52/3331, Fax: (01) 515 52/3337, E-Mail: familienverband@edw.or.at,
oder direkt in unserem Onlineshop
Preis: 5 Euro