Elternverantwortung endet nicht mit der Scheidung
In der Mehrzahl der Fälle bleibe der Nachwuchs nach einer Scheidung bei der Mutter - und Väter befänden sich oft in einer verzweifelten Situation im Hinblick auf die Kinder, berichtete die Familienrichterin. Das Gericht könne zwar eine Besuchsbegleitung anordnen - Kleinverdiener könnten sich diese aber oft nicht leisten. Väter müssten sich das Besuchsrecht quasi "kaufen": "Und das ist gegenüber Vater wie Kind eine unglaubliche Härte", befand Kovar.
Weiters wies sie darauf hin, dass Unterhaltszahlungen in der Regel regelmäßiger seien, wenn nicht-obsorgeberechtigte Elternteile stärker in das Leben der Kinder eingebunden seien.
Anderer Elternteil keine "potenzielle Gefahr"
Die bei Gerichtsverfahren eingesetzte Gesundheitspsychologin Marianne Waldemair ergänzte, dass bei alleiniger Obsorge die Besuchsrechtsregelung oft als Druckmittel eingesetzt werde und nicht obsorgeberechtigte Väter in vielen Fällen irgendwann aufgäben. Väter dürften nicht "als potenzielle Gefahr" dargestellt werden, betonte Waldemair.
Auf Schwächen des geltenden Scheidungsrechts kam auch der Leiter der Zivilrechtssektion des Justizministeriums, Georg Kathrein, zu sprechen. Eine gemeinsame Obsorge nach einer Scheidung setze voraus, dass ein primärer Aufenthaltsort für die Kinder festgelegt werden müsse; ein "Doppelresidenzmodell" sei derzeit nicht möglich.
Im Fall von unehelichen Kindern stehe grundsätzlich der Mutter die Obsorge zu; für eine gemeinsame Obsorge sei ein Übereinkommen erforderlich. Bei Scheitern eines solchen sei wieder nur ein primärer Aufenthaltsort möglich, erklärte Kathrein. Er schlug vor, dass künftig Doppelresidenzen - so wie die gemeinsame Obsorge - auch gegen den Willen eines geschiedenen Elternteils möglich sein sollten.
SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Mautz erläuterte, warum eine verpflichtende gemeinsame Obsorge für ihre Partei "nicht der Weisheit letzter Schluss" sei: Herrsche extremer Hass zwischen den geschiedenen Eltern, brauche es klare Verhältnisse für das Kind, klare Entscheidungen, "wer wo zu Hause ist" sowie klare Verantwortlichkeiten. Seien Beziehungen derart zerrüttet, "dann sollen Streitigkeiten nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden", so Mautz. Allerdings stimme man in dem Punkt überein, bei strittigen wie einvernehmlichen Scheidungen das Besuchsrecht klarer und schneller mitzuregeln und eine Rahmenbesuchszeit festzulegen.
f.d.R.: Mag. Andreas Cancura, KFVW-Geschäftsführer