"Steuer-Splitting" für Parteien ein Ziel?
Vertreterinnen aller vier Parlamentsparteien diskutierten Steuer-Vorschlag des KFVW
Für die schrittweise Einführung eines "Steuer-Splittings" für Ehepaare und Lebensgemeinschaften mit Kindern hat der Wiener Katholische Familienverband (KFVW) anlässlich seiner Jahreshauptversammlung bei einer Podiumsdiskussion zum laufenden Wahlkampf mit Vertreterinnen der vier Parlamentsparteien plädiert. KFVW-Vorsitzender Andreas Dobersberger zeigte anhand von Beispielen auf, dass Familien, die brutto gleich viel Geld verdienten und "dieselbe wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" hätten, ganz unterschiedlich besteuert werden - und zwar nur deshalb, weil sie ihr Erwerbseinkommen anders untereinander aufteilen.
So wies Dobersberger darauf hin, dass eine Familie mit einem monatlichen Brutto-Einkommen von 3.000 Euro insgesamt 3.990 Euro pro Jahr an Lohnsteuer bezahlt, wenn beide Partner genau die Hälfte (1.500 Euro) verdienen. Betragen die Einkommen 2.400 Euro und 600 Euro (Teilzeit), nimmt die jährliche Steuerbelastung um 1.309 Euro zu. Verdient ein Elternteil die 3.000 Euro alleine, beträgt die zusätzliche "Strafsteuer" sogar 3.703 Euro. Damit mische sich der Staat massiv in die "private Lebensgestaltung" ein. In einer offenen und toleranten Gesellschaft hätten derartige Eingriffe ins Privatleben aber "nichts verloren", so Dobersberger.
Familie nicht als "Einheit" akzeptiert
Als eine Ursache für die Ungleichbehandlung führte Dobersberger an, dass das Steuersystem "die Familie nicht als Einheit akzeptiert". Es behandle jeden Steuerzahler wie einen "Single", der für sich alleine wirtschaftet. Soziale Realität sei aber, dass die meisten Menschen in Familien lebten, wo sie mit anderen eine wirtschaftliche Gemeinschaft bildeten. Mit dem "wahlweisen Ehepartner-Splitting" - ähnlich wie in Deutschland - will der KFVW erreichen, dass Familien mit gleichem Einkommen auch gleich viel Steuer bezahlen. Beim "Splitting"-Modell des Familienverbands wird das Gesamteinkommen eines Paares ermittelt und zu gleichen Teilen auf beide Partner aufgeteilt ("gesplittet"). Von diesen beiden Einkommen wird dann getrennt die Steuer ermittelt.
Wie notwendig die vom KFVW begonnene Aufklärungsarbeit in Sachen Splitting ist, zeigte die Diskussion: Brigid Weinziger von den Grünen vertrat die Meinung, dass ein Splitting-System zu einer "Verfestigung traditioneller Rollenbilder" führen könnte.
Profitieren würden von einem Splitting vor allem "gut verdienende Männer" mit Frauen, die wenig oder gar nichts verdienten. Weinzinger verteidigte vielmehr das System der Individualbesteuerung, das alle Erwerbseinkommen vor dem Gesetz "gleichstellt" und nicht die Partnerin zur "Zuverdienerin" degradiert und in Abhängigkeiten bringt. Statt einer Steuerreform für Familien wünscht sich Weinzinger eher "neutrale" Transferleistungen, die das Zusammenleben mit Kindern leichter lebbar machen.
Für eigenes Frauen-Einkommen
Auch SPÖ-Jugendsprecherin Gabriele Heinisch-Hosek wandte sich gegen ein Abgehen von der Individualbesteuerung. Ein Splitting würde ihrer Meinung nach "vor allem Alleinverdiener mit hohem Einkommen" fördern. Und weil man "nur jenes Geld verteilen kann, das da ist", könnte ein Splitting-System die bisherigen Familien-Transferleistung gefährden. Heinisch-Hosek plädierte für eine Politik, die Frauen ermutigt, ein "eigenes Erwerbseinkommen" zu haben, um sozial abgesichert zu sein, falls eine Ehe nach 20 Jahren auseinandergeht.
Eher skeptisch zu dem KFVW-Vorstoß äußerte sich auch ÖVP- Wissenschaftsprecherin Gertrude Brinek. Sie verwies auf die Vielfalt an Familienformen, die es immer schwieriger mache, eine klare Grenze zwischen Familien und Haushalten zu ziehen. So wäre zu fragen, warum nicht eine 80jährige Mutter mit ihrem 40jährigen Sohn im Haushalt von dem Splitting profitieren soll. Gegen das Steuer-Splitting spricht laut Brinek auch, dass sich Frauen in hohem Maß "selbst gefährden", wenn sie längere Zeit auf ein eigenes Erwerbseinkommen verzichten. Ziele von Familienpolitik sollten sein, "Armut zu verhindern" und den Wunsch nach Kindern zumindest "nicht strukturell zu behindern". Dabei zeige sich, dass in jenen Ländern, wo es eine hohe Kinderzahl pro Familie gebe, die Frauen in hohem Maß erwerbstätig sind, so Brinek.
Eine "Vision"
FPÖ-Familiensprecherin Edith Haller bezeichnete das Splitting-Modell als ein "ehrgeiziges Projekt", mit dem sich auch die Freiheitlichen schon seit Jahren beschäftigten. Ziel der FPÖ sei aber ein "Familien-Splitting", das auch Kinder in das Splitting-System mit einbezieht und die Einkommen auf die "Zahl der Köpfe" aufteilt, die damit versorgt werden. Haller verwies allerdings auf die zur Zeit knappen Budget-Mittel. Deshalb strebe die freiheitliche Forderung zunächst einmal die Verdoppelung des Alleinverdiener- und Alleinerzieher- Absetzbetrages an, ohne die "Vision" eines Splitting-Systems aus den Augen zu verlieren. Tatsächlich heißt es im FPÖ-Parteiprogramm: "Die Freiheitliche Bewegung fordert zur steuerrechtlichen Besserstellung der Familien und zur Sicherstellung eines steuerfreien Existenzminimums für alle Familienmitglieder die Einführung des "Familiensplittings" bei der Ermittlung der Abgabenlast."