Stundenstreichungen: Vorgangsweise "pädagogisch fahrlässig"
Wiener Katholischer Familienverband:
Streichen von Inhalten, die bis vor wenigen Wochen als unverzichtbar galten, zeigt, dass es nicht um die Entlastung der Schüler, sondern nur ums Budget geht.
Wien, 04.04.03
Kritik an den geplanten Stundenstreichungen unter dem Deckmantel der „Entlastung von Schülerinnen und Schülern" hat der Geschäftsführer des Katholischen Familienverbands der Erzdiözese Wien (KFVW), Andreas Cancura, geübt. Man solle die Bevölkerung „nicht für dumm verkaufen". Die angekündigten Maßnahmen hätten ausschließlich den Zweck, das Budget zu entlasten und stünden in keinem Zusammenhang mit der Sicherung der Bildungsqualität oder der Aufgabe, die Jugend auf die Anforderungen der Zukunft vorzubereiten. Die eingeschlagene Vorgangsweise sei „pädagogisch fahrlässig", so Cancura.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass Bildungsministerin Gehrer, die erst vor wenigen Monaten neue ab dem Schuljahr 2003/04 geltende Lehrpläne für die Oberstufe unterschrieben hat, jetzt unter dem Schlagwort „Entrümpelung" die Streichung von Lehrinhalten vorsehe, die „bis vor wenigen Wochen als unverzichtbar gegolten haben". Die Unterstufen-Lehrpläne seien erst drei Jahre alt. Die nun vorgelegten „Kürzungstafeln" wertet Cancura als „Anschlag auf das klassische Bildungsziel Allgemeinbildung". Latein, Griechisch, Geschichte, Bildnerische Erziehung und Musikerziehung zu kürzen, zeige, wie weit man „im Land Mozarts, Grillparzers und Fischer von Erlachs" gekommen sei. Physik und Geographie zu kürzen, werde das Verständnis für das Denken in Zusammenhängen zurück drängen. Die Einschränkung der bei Schülern beliebten Wahlpflichtfächer, die eine individuelle Schwerpunktsetzung ermöglichen, sei ein „Armutszeugnis".
Was die Schule - insbesondere die AHS - nach den Worten Cancuras heute wirklich bräuchte, sei eine pädagogische Diskussion über eine „echte Schulreform und Schulentwicklung, die zu einer tatsächlichen Entlastung von Schülerinnen und Schülern führen". Als Beispiel für eine solche Entlastung nannte Cancura die Verankerung des Fächer übergreifenden Unterrichts im Stundenplan: Dann könnten z.B. vier Lehrerstunden drei Schülerstunden bedeuten, aber mit intensiverer Förderung und Zuwendung zu den Schülern. Außerdem schlug der KFVW- Geschäftsführer die Senkung der Klassenschülerzahlen sowie mehr Teilungen und Förderunterricht vor. Cancura forderte in diesem Sinn die „umgehende Rücknahme" des ausgesandten Gesetzesentwurfs und eine „tatsächliche Entlastung der Schülerinnen und Schüler".
f.d.R.: Dr. Renate Moser, Organisationsreferentin KFVW