Familienverband kritisiert Datenjagd auf Schülerinnen und Schüler
Verletzung des Datenschutzes durch das Bildungsministerium „unzumutbar“
Wien, 29. 3. 04
Scharfe Kritik an den Datensammlern des Unterrichtsministeriums, die derzeit über die Schulen die Sozialversicherungsnummern aller Schülerinnen und Schüler erheben und zur lebenslangen Speicherung in eine „zentrale Bildungsevidenz“ übernehmen und an die Statistik Austria weiter leiten, kommt vom Katholischen Familienverband der Erzdiözese Wien (KFVW). Wie die Schulexpertin und Arbeitskreisleiterin des Familienverbandes Mechtild Lang erklärte, sei eine mit der Sozialversicherungsnummer verknüpfte lebenslange Aufbewahrung der Daten über Betragensinformationen, einen festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf sowie über die Teilnahme an Schulveranstaltungen, Umgangssprache der Schülerinnen und Schüler, die Inanspruchnahme von Transferleistungen - etwa Bezug von Schulfreifahrt oder Schulbuch - bis hin zum Bezug des Mittagessens oder bei Berufsschulen die eventuelle vorzeitige Beendigung des Lehrverhältnisses “unzumutbar“. Damit blieben die Daten für beliebige Verwendungen verknüpfbar.
Schon bisher habe es einzelne Schulen gegeben, die nach der Sozialversicherungsnummer gefragt haben, um bei einem eventuellen Unfall die Nummer gleich bei der Hand zu haben. Neu ist jetzt aber, dass laut Bildungsdokumentationsgesetz eine zentrale Meldungserfassung geschehen soll, die den ganzen Schulverlauf dokumentiert und alle Aufzeichnungen 75 Jahre darüber speichert, die dann von allen staatlichen Stellen eingesehen werden kann. „Der gläserne Mensch wird damit Wirklichkeit“, kritisiert Lang. Am 1. 3. 2004 hätten alle Bildungsabschlüsse rückwirkend mit Stichtag 1. 10. 2003 gemeldet werden sollen. Da aber die Schulen kein Schulverwaltungsprogramm hätten, das diese abgefragten Daten leicht auswirft, weigerten sich viele Schulen aus Arbeitsgründen.
Wenn sich nun Eltern weigern, die Sozialversicherungsnummer bekannt zu geben, wird eine Verwaltungsstrafe angedroht, diese aber nicht exekutiert, da ein solches Verwaltungsstrafverfahren die Möglichkeit böte, Einspruch zu erheben, was ganz sicher dazu führen könnte, dieses Gesetz einer Verfassungsbeschwerde zu unterziehen. In solchen Fällen gibt sich das Bildungsministerium mit einer "Ersatznummer" zufrieden: „Daraus ist ersichtlich, dass dieses Gesetz eigentlich nichts bewirkt und nicht notwendig ist“, so die Schulexpertin des Familienverbandes.
Lang ruft die Eltern dazu auf, bei der Frage nach der Sozialversicherungsnummer keine Angabe zu machen. „Nur so kann sichergestellt werden, dass die Individualisierung der oben genannten Daten später nicht zum Nachteil der Schülerin oder des Schülers verwendet werden kann.“ Noch besser wäre es, sich eine bescheidmäßige Aufforderung zur Bekanntgabe der Sozialversicherungsnummer zu verlangen Ein solcher Bescheid könnte dann Grundlage für weitere rechtliche Schritte sein z. B. einer Beeinspruchung. Es handelt sich bei diesem Gesetz um einen offensichtlichen Bruch der Geheimhaltung persönlicher Daten, besonders erschwert durch die Bekanntgabe des Religionsbekenntnisses. „Wir sprechen uns ganz massiv gegen eine solche personenbezogene Erhebung persönlicher Daten aus.“, so Lang.
f. d. R.: Mag. Andreas Cancura, Geschäftsführer des KFVW