Familienverband für rasche Reform des Familienzuschusses
Der Wiener Familienzuschuss werde "still und leise ausgehungert", bedauert Alfred Racek, Vizevorsitzender des Katholischen Familienverbandes der Erzdiözese Wien. Seit 1992 erfolgte keine Anpassung an die Inflationsrate.
Wien, 06.09.05 (Copyright by www.stephanscom.at)
Eine rasche Reform des Wiener Familienzuschusses hat der Katholische Familienverband der Erzdiözese Wien (KFVW) aus Anlass des Wahlkampfes in der Bundeshauptstadt eingefordert. Der Wiener Familienzuschuss für sozial bedürftige Familien, der 1992 als Instrument zur Bekämpfung der Familienarmut eingeführt worden war, werde von der Gemeinde Wien seit Jahren "still und leise ausgehungert", schlug KFVW-Vize-Vorsitzender Alfred Racek am Dienstag, 6. September 2005, bei einer Pressekonferenz Alarm.
Der Grund: Seit der Einführung im Jahr 1992 - also seit 13 Jahren - wurden weder die Zuschüsse selbst noch die Einkommensgrenzen zum Feststellen der Bedürftigkeit der Inflationsrate angepasst. Die Zuschüsse betragen wie bei der Einführung im Jahr 1992 bis heute unverändert 700 bis 2.100 Schilling, sie wurden bloß in Euro umgerechnet: also zwischen 50,87 Euro und 152,61 Euro. Berücksichtigt man die Inflationsrate, müssten die Zuschüsse mittlerweile zwischen rund 70 und 210 Euro betragen.
Jährliche Wertanpassung der Zuschüsse notwendig
Der Wiener Katholische Familienverband fordert daher eine jährliche Valorisierung, also die Anpassung an die Inflationsrate, sowohl der Einkommensgrenzen als auch der Zuschusshöhe. Außerdem fordert der Familienverband die Ausdehnung der Zielgruppe: Bisher wird der Wiener Familienzuschuss lediglich für Familien mit Kindern im Alter zwischen ein und drei Jahren gewährt. Bei der Einführung im Jahr 1992 hatte man eine Unterstützung für die Zeit nach Auslaufen des damaligen Karenzgeldes im Auge. Mit dem Kinderbetreuungsgeld bis zum dritten Lebensjahr sei aber eine neue Situation entstanden: Sehr viele Familien fielen seither um den Familienzuschuss um, weil man ihnen das neue Kinderbetreuungsgeld als Einkommen anrechnet, sodass die Einkommensgrenze zum Feststellen der Bedürftigkeit übersprungen wird. Auf Grund dieser Ersparnis für die Gemeinde Wien fordert der KFVW eine Ausdehnung des Familienzuschusses von der Geburt bis zum sechsten Lebensjahr.
Befragung der wahlwerbenden Parteien
KFVW-Vize-Vorsitzender Alfred Racek und KFVW-Geschäftsführer Andreas Cancura präsentierten bei der Pressekonferenz auch eine Rundfrage unter den wahlwerbenden Parteien bei der Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl 2006. Auf die Frage nach einer Reform des Wiener Familienzuschusses erklärte die SPÖ nur, dass sie sich entschlossen habe, den Familienzuschuss "weiter zu führen". Die ÖVP tritt für eine Valorisierung ein, und auch die Grünen halten eine Anhebung der Zuschusshöhe und der Einkommensgrenzen für "sinnvoll". Die FPÖ will zwar die Zuschüsse, nicht aber die Einkommensgrenzen erhöhen. Das BZW äußerte sich erfreut darüber, dass sich die Vorstellungen des KFVW "von einer ordentlichen Familienpolitik weitgehend mit der unseren decken".
Forderung nach "Wiener Familienpass"
Neben einer raschen Reform des Wiener Familienzuschusses forderte der Wiener Familienverband bei der Pressekonferenz auch die Einführung eines "Wiener Familienpasses". In Niederösterreich zum Vergleich gibt es einen solchen Familienpass bereits. Er bietet Familien diverse Vorteile von einer Spitalsgeldversicherung für Begleitpersonen von Kindern im Krankenhaus über eine Unfallversicherung für den haushaltführenden Elternteil und eine Unfallversicherung für Kinder bis zu einer verbilligten ÖBB-Vorteilscard für Familien sowie Vergünstigungen bei mehr als 1.500 Vorteilsgebern wie Museen, Bädern und Geschäften.
Bei der Pressekonferenz sprachen sich Racek und Cancura auch für "ein Jahr Gratiskindergarten" vor dem Schuleintritt aus, bei dem auf die Festigung der Sprach- und Sozialkompetenz aller Kinder besonderes Augenmerk gelegt wird. Das Angebot müsse aber "freiwillig" sein und dürfe keine "vorzeitige Verschulung der Kinder" bedeuten.