Führungswechsel im Wiener Katholischen Familienverband
Jahreshauptversammlung wählte Alexander Kucera zum neuen Vorsitzenden - Familienbeihilfe soll wie Pension durch regelmäßige Erhöhungen im Wert gesichert werden
Wien, 30.11.05 (KAP)
Eine Wertsicherung der Familienbeihilfe durch regelmäßige Erhöhung, wie dies bei anderen Leistungen - etwa den Pensionen - selbstverständlich ist, hat der neue Vorsitzende des Katholischen Familienverbandes der Erzdiözese Wien (KFVW), Alexander Kucera, gefordert. Kucera wurde bei der Jahreshauptversammlung des KFVW am Dienstagabend einstimmig für drei Jahre zum Vorsitzenden gewählt. Er löst Andreas Dobersberger ab, der dieses Amt neun Jahre inne hatte und nicht mehr kandidierte. Der 38-jährige Kucera ist Schulleiter des "Instituts Sancta Christiana" in Lanzenkirchen (Niederösterreich). Der gebürtige Wiener, der in Kottingbrunn lebt, ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern.
Anlässlich seines Amtsantritts forderte Kucera die Wertanpassung aller Familienleistungen auf Bundes- und Landesebene. Jährlich gebe es Indexanpassungen der Versicherungen, auch die Erhöhung der Mindestpensionen sei festgeschrieben und werde per Verordnung geregelt. "Nur Familienleistungen werden nicht valorisiert", kritisierte Kucera.
In seiner Forderung wird der neuen KFVW-Vorsitzende vom Präsidenten des Katholischen Familienverbandes Österreichs (KFÖ), Johannes Fenz, unterstützt. Fenz kritisierte bei einer Podiumsdiskussion mit den Familiensprechern der Parlamentsparteien, die der KFVW im Rahmen der Jahreshauptversammlung veranstaltete, die fehlende Wertsicherung der Familienleistungen scharf: Während in den vergangenen 15 Jahren die Inflation knapp 40 Prozent betragen habe, sei die Familienbeihilfe um lediglich 11 Prozent erhöht worden, der Ausgleichszulagenrichtsatz bei den Pensionen hingegen um 64 Prozent. Die Valorisierung der Familienleistungen sei gerade im Hinblick auf die Nationalratswahl 2006 eine wichtige familienpolitische Forderung, so Fenz.
Parteien reagierten vorerst zurückhaltend
Die meisten Vertreter der Parlamentsparteien reagierten in der Diskussion auf die Forderung nach Wertsicherung der Familienbeihilfe zurückhaltend bis skeptisch. ÖVP- Nationalratsabgeordnete Ridi Steibl meinte zum Wertverlust durch die Inflation, man dürfe nicht nur auf die Familienbeihilfe schauen. Im Bereich der Familienförderung sei auch anderes geschehen wie die Einführung des Kinderbetreuungsgelds, die Staffelung der Familienbeihilfen, die Anhebung des Mehrkinderzuschlags, die Kinderzuschläge zum Alleinverdiener-Absetzbetrag, die Anhebung der Pendlerpauschale, das Pflegegeld ab der Geburt bei behinderten Kindern oder die Erhöhung der Bemessung der Kindererziehungszeiten für die Pension.
Auch Rene Schmidpeter vom Sozialministerium argumentierte, dass in Österreich bei den Familienleistungen ohnedies viel getan werde. 61 Prozent der Bevölkerung würden etwa beim Kinderbetreuungsgeld mehr Vorteile als beim alten Karenzgeld sehen. Schmidtpeter legte überdies eine Berechnung vor, wonach - beim dritten Kind über 10 Jahren - die Familienbeihilfe in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen sei.
SPÖ-Nationalratsabgeordnete Andrea Kuntzl verwies auf Untersuchungen, wonach der Kinderwunsch junger Paare nicht in dem Ausmaß realisiert werde, wie er ursprünglich vorhanden war. Geldleistungen allein würden daran nichts ändern, daher müsse in unterstützende Infrastruktur und Kinderbetreuungseinrichtungen investiert werden. Da das Armutsrisiko in Familien mit nur einem Einkommen am höchsten sei, müsse die Erwerbstätigkeit von Frauen gefördert werden.
FPÖ-Landtagsabgeordneter Harald Stefan begrüßte die Forderung nach Wertsicherung der Familienbeihilfe, die auch seine Partei im Programm habe. Stefan sprach sich überdies für ein "Familiensplitting" im Steuersystem aus. Weiter lehnte er die "Homoehe" ab. Es gelte, Formen des Zusammenlebens zu fördern, in denen sich die Gesellschaft durch Nachwuchs reproduziert. "Es wird nicht die Liebe gefördert, sondern das Kind", so Stefan.
Die grüne Nationalratsabgeordnete Sabine Mandak verwies auf den Sozialbericht der Regierung, wonach trotz Familienbeihilfen eine halbe Million Menschen armutsgefährdet seien. Betroffen sei davon jede dritte Familie, in der nur der Mann erwerbstätig ist und drei Kinder vorhanden sind. Mandak forderte eine verstärkte Umverteilung "von Reich zu Arm", eine Aufteilung von Erwerbs- und Familienarbeit zwischen Frauen und Männern und mehr Geld für den Familienfonds durch Beiträge nicht nur aus Arbeitseinkommen, sondern auch aus Vermögen.
Wertverlust als "Handlungspielraum"?
In der anschließenden Publikumsdiskussion wurde kritisiert, dass die meisten Parteienvertreter auf das Thema Wertsicherung der Familienbeihilfe nur am Rande eingehen wollten. Das Argument, die Politik würde mit der regelmäßigen Wertanpassung Handlungsspielraum verlieren, stieß auf allgemeines Unverständnis: "Wieso braucht man diesen Handlungsspielraum bei den Pensionen nicht?", brachte KFÖ- Generalsekretärin Rosina Baumgartner den Unmut auf den Punkt.
Andreas Dobersberger
Kath.Presseagentur KATHPRESS
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