Katholischer Familienverband der Erzdiözese Wien plädiert für differenziertes Schulsystem und schlägt Kooperation von HS, BMS und ORG zur Lösung des Problems der neunten Schulstufe vor
„Mittlere Reife“ überlegenswert, späterer Schulbeginn „abwegig“
Wien, 30. 10. 2006 [Presseaussendung]
Für ein differenziertes Schulsystem und gegen eine Gesamtschule für die 10- bis 19-Jährigen – wie zuletzt diskutiert – spricht sich der Katholische Familienverband der Erzdiözese Wien (KFVW) aus. „Auch in Wien gehen 50 Prozent aller Schülerinnen und Schüler in die Hauptschule, 50 Prozent in die AHS-Unterstufe. Es gibt keine empirischen Hinweise, dass eine Gesamtschule grundsätzlich bessere Leistungen erbringt als ein differenziertes, aber durchlässiges Schulsystem“, erklärt die Schularbeitskreisleiterin des KFVW, Mag. Mechtild Lang.
Sehr wohl seien aber pädagogische Verbesserungen vor allem im Mittelstufenbereich notwendig. Wien sollte daher seine lokalen Probleme durch eine qualitative Verbesserung der Hauptschulen, den Ausbau der Kooperativen Mittelschulen und durch verstärkte Bildungsberatertätigkeit in den gymnasialen unterstufen lösen.
Zur Verbesserung der Situation der Polytechnischen Schulen schlägt der KFVW die Kooperation von Hauptschulen (HS), Berufsbildenden Mittleren Schulen (BMS) und Oberstufenrealgymnasien (ORG) für ein vorbereitendes Berufsdiplom unter Berufsschulaufsicht vor. „Damit würde die Zeit nicht einfach abgesessen, sondern sinnvoll und mit viel mehr Animo für die spätere Berufslaufbahn genutzt. Die Berufsschulen hätten zudem ein größeres Interesse an guten Lernerfolgen der Schülerinnen und Schüler, weil sie diese ja in der Regel weiter unterrichten werden“, so Lang.
Außerdem müsse das Problem der Schulabbrecher bzw. von Absolventen ohne positiven Schulabschluss angegangen werden. Lang schlägt in diesem Zusammenhang die Einführung einer „mittleren Reife“ nach der neunten bzw. zehnten Schulstufe vor. Diese sei als weitere Qualifikation für Hauptschüler und für Schulabbrecher der Oberstufe interessant.
Als „völlig abwegig“ kritisiert Lang die Idee von PISA-Koordinator Günter Haider bezüglich eines späteren Schulbeginns um 9.00 Uhr. Alle Lehrerinnen und Lehrer könnten Haider erzählen, wie viel mehr gerade in einer ersten Schulstunde weitergehe im Vergleich etwa zu einer Nachmittagsstunde. „Es ist einfach billig, solche kuriosen Vorschläge zu machen, nur um die Gesamt- und Ganztagsschule zu pushen“, kritisiert die Wiener Schularbeitskreisleiterin.
f. f. R.: Mag. Andreas Cancura, KFVW-Geschäftsführer